Medien

Zeit als entscheidender Faktor

(03.04.2020)

Bei den Barmherzigen Brüdern wurde bereits Ende Februar mit Pandemie-Planungen begonnen | Krisenstab kommt täglich zusammen | Die Klinik ist seit vier Wochen bereit für den Ausnahmezustand

Eine Pandemie, also eine weltweite Epidemie großen Ausmaßes, ist für alle Krankenhäuser eine immense Herausforderung. Viele Unsicherheiten und Unabsehbarkeiten müssen berücksichtigt und vorausgeplant werden: Wann kommen die ersten Patienten? Wie viele Betten braucht das Haus für die Versorgung? Ist das Personal gut vorbereitet und ausreichend geschützt? Und wie verfährt man mit Patienten, die schwerkrank auf anderen Stationen liegen? Das sind nur einige der vielen Fragen, auf die ein Krankenhaus schnellstmöglich Antworten finden muss.

Bei den Barmherzigen Brüdern in Regensburg hat man sich mit dem Thema sehr früh auseinandergesetzt. „Zeit ist bei einer Pandemie der entscheidende Faktor“, erklärt der Leiter des Notfallzentrums Dr. Felix Rockmann. „Wir haben im Haus deshalb mit den Planungen sofort begonnen, als absehbar war, dass Covid-19 auch nach Deutschland kommen wird.“Vorgewarnt war man spätestens nach dem Ausbruch der Infektionen Ende Februar in Italien. Damals gab es noch keine politischen Weisungen für die Krankenhäuser in Deutschland. Dennoch war man sich im neu einberufenen Krisenstab darüber einig, sofort mit entsprechenden Vorbereitungen zu beginnen. Eine richtige Entscheidung, wie sich nun zeigt: In der Klinik ist man bereits seit vier Wochen bestmöglich auf Corona vorbereitet. „Alle Abläufe stehen und sind perfekt eingespielt“, bestätigt Dr. Rockmann.

Corona – ein Routinefall?

Routine ist Corona natürlich nicht – im Gegenteil: Im benachbarten Ausland erkennt man die Extremsituationen, die sich dort auch für große und gut ausgestattete Kliniken ergeben. Dennoch sind es medizinische Routinen, also Abläufe und Prozesse in Krankenhäusern, die bei den Barmherzigen Brüdern zusammen mit dem Privileg der Vorwarnung genutzt wurden, um sich optimal auf den Tag X vorzubereiten. Der Krisenstab war hier von Anfang an die Schaltzentrale der Pandemie-Planung: Der Geschäftsführer Dr. Andreas Kestler, der Ärztliche Direktor Prof. Dr. Niels Zorger, Pflegedirektor Ralf Busse, Chefarzt des Notfallzentrums Dr. Felix Rockmann und Leitender Arzt des Instituts für Labormedizin, Mikrobiologie und Krankenhaushygiene PD Dr. Andreas Ambrosch kamen täglich zusammen, um sämtliche Prozesse im Hinblick auf die Pandemie zu hinterfragen. Im Mittelpunkt stand dabei die Überlegung, welche Wege ein Corona-infizierter Patient im Haus vom ersten Kontakt bis hin zur Behandlung durchläuft. „Dabei konnten wir auch die Erfahrungen aus der Bombenevakuierung vor 5 Jahren nutzen“, erläutert Dr. Kestler. „Alles musste von Anfang an mitbedacht werden, also der ärztliche, der pflegerische und der technische Dienst.“

Ein Krankenhaus im Krankenhaus

Wer so früh mit der Notfallplanung beginnt, hat die Chance, alle Mitarbeitenden dabei mitzunehmen. Bei den Barmherzigen Brüdern ist das gelungen. „Uns verbindet das gemeinsame Ziel, die Versorgung aller Patienten aufrecht zu erhalten“, bestätigt Ärztlicher Direktor Prof. Dr. Niels Zorger. „Niemand soll in die Situation kommen, aus Ressourcengründen entscheiden zu müssen, wer behandelt wird und wer nicht.“

Um das zu erreichen, wurde unter der Leitung des Krisenstabes als entscheidende Maßnahme ein „Krankenhaus im Krankenhaus“ eingerichtet. So können Covid-19 Patienten in einem von anderen Patienten komplett abgetrennten Bereich behandelt werden. „Bei uns steht tatsächlich ein zweites Notfallzentrum mit einem eigenen Behandlungs- und Betreuungsteam nur für Corona-Patienten zu Verfügung“, so Dr. Rockmann. „Dazu haben wir Personal aus anderen Bereichen rechtzeitig geschult und umgeschult – ein großer Vorteil.“ Denn im eigentlichen Notfallzentrum werden nach wie vor rund um die Uhr Patienten mit Herzinfarkt, Schlaganfall oder Verletzungen nach Verkehrsunfall und viele andere Notfälle versorgt. Und auch die Behandlung von Tumoren und anderen nicht aufschiebbaren Erkrankungen läuft wie gewohnt weiter.  

Für den schlimmsten Fall – eine mögliche Ressourcenknappheit – sind die Barmherzigen Brüder gleichfalls vorbereitet. Es wurde ein Ethik-Gremium einberufen, das dann auf der Grundlage von Empfehlungen der Fachgesellschaften und des deutschen Ethikrates Ärzten und Pflegenden zur Seite steht.

Verdoppelung der Intensivkapazitäten

Glücklicherweise verlaufen viele Erkrankungen mit Covid-19 vergleichsweise leicht. Auf die schweren Fälle ist man bei den Barmherzigen Brüdern sehr gut vorbereitet: So wurden die Intensivkapazitäten in einem eigenen Bereich mit speziell geschulten Ärzten und Pflegern verdoppelt. Alle Isolationsstationen können zudem bei Bedarf flexibel erweitert werden – räumlich, ärztlich und pflegerisch. „Das sind wirklich optimale Voraussetzungen für unsere Patienten“, weiß auch Pflegedirektor Busse. „Alle Bereiche vom ärztlichen, pflegerischen und Wirtschafts-Dienst über Technik, EDV, Labor und Verwaltung tragen hier zu reibungslosen Abläufen bei und setzen sich rund um die Uhr dafür ein. Das ist wirklich großartig.“ Allein die Verpflegung durch die Küche unter den notwendigen Sicherheitsmaßnahmen war dabei ein nicht zu unterschätzender Organisationsaufwand.

Viel Unterstützung kommt auch übrigens von außen: So haben sich beispielsweise zahlreiche PJ-Studenten bereiterklärt, bei Bedarf zu helfen und auch ehemalige Mitarbeiter und Mitarbeiter in Elternzeit sind abrufbar.

Sinnvolle Vernetzung mit anderen Krankenhäusern

Mittlerweile haben sich alle Häuser in der Region gut auf Covid-19 vorbereitet. „Wir sind mit dem Universitätsklinikum Regensburg eng vernetzt und arbeiten auch mit anderen Häusern in der Region gut zusammen“, bestätigt Dr. Rockmann, der inzwischen auch Sprecher der Pandemiebeauftragten der Krankenhäuser von Stadt und Landkreis Regensburg ist. „Wir lernen voneinander, unterstützen uns gegenseitig und halten zusammen.“

Dass die Ressourcen sich natürlich nicht unendlich ausweiten lassen, ist dabei allen Beteiligten bewusst. Doch wenn sich die Gesellschaft strikt an das Gebot des „Social Distancing“ hält, können die Neuinfektionen deutlich verlangsamt werden. Dadurch gewinnen die Krankenhäuser kostbare Zeit – den entscheidenden Faktor im Umgang mit Covid-19.