Klinik für Neurologie

Epilepsie

Fallsucht

Unser Spezialist für Epilepsie

PD Dr. Christian Tilz
Oberarzt, Facharzt für Neurologie, Zeritifikat Epileptologie


Einen Termin für die Sprechstunde können Sie gerne über das Sekretariat unter der Tel. +49 (0)941 369 2401 vereinbaren.

Fallbeispiel 1: Der 43jährige Brauereimeister Klaus stellt sich beim Neurologen vor, da er vier Mal im letzten Monat Zuckungen an seinem rechten Arm bemerkt hatte. Das Zucken würde immer zunächst an der Hand beginnen und sich dann auf den kompletten Arm ausbreiten. Er könne dies überhaupt nicht kontrollieren. Die „Anfälle“ dauerten meist wenige Sekunden. Heute hätte er dies aber über zwei Minuten beobachtet und im Anschluss eine Kraftlosigkeit im Arm festgestellt, so dass er nicht mehr arbeitsfähig gewesen sei.

Fallbeispiel 2: Der 22jährige Fabian wird vom Notarzt in die Klinik gebracht. Eine Epilepsie ist seit dem 12. Lebensjahr bekannt. Auch Schwester und Onkel leiden an Epilepsie. Er hatte heute bereits vier Anfälle. Sonst hat er nur einen Anfall alle drei Monate. In der Notaufnahme schreit er plötzlich auf, atmet schwer und verliert das Bewusstsein. Es kommt zu einer starken Muskelanspannung an Armen und Beinen, bevor diese rhythmisch zu zucken beginnen. Die Augen sind geöffnet, die Pupillen erweitert und reagieren nicht auf Licht.

Gewitter im Gehirn – was passiert bei einem epileptischen Anfall

Ein epileptischer Anfall ereignet sich bei einer Funktionsstörung der Nervenzellen im Gehirn. Es liegt eine elektrische Übererregbarkeit der Nervenzellen vor. Dies kann an einer Stelle der Hirnrinde entstehen und eine ganze Anzahl von Hirnnervenzellen zu einer plötzlichen, gleichzeitigen und rhythmischen Entladung veranlassen. Je nachdem welche Nervenzellen entladen, kommt es zu unterschiedlichen Ausfällen oder klinischen Entäußerungen, die wir dann als Anfall wahrnehmen.

Ist beispielsweise nur eine kleine Nervengruppe im Handareal betroffen, kommt es zu umschriebenen motorischen Entäußerungen des Arms. Kommt es zu einer Ausbreitung über das ganze Gehirn, so breitet sich die motorische Aktivität auf den gesamten Körper aus und der Patient verliert das Bewusstsein.

Bedeutet ein erster Anfall, dass man „Epileptiker“ ist?

Erleidet ein Patient einen ersten epileptischen Anfall, bedeutet dies nicht, dass er eine Epilepsie entwickelt. Viele Menschen erleiden unter bestimmten Umständen epileptische Anfälle. In der Schwangerschaft kommen sie im Rahmen der Eklampsie vor. Im Kindesalter gibt es bei hohem Fieber „Krämpfe“, im Erwachsenenalter können sie nach (unregelmäßigem) Alkoholkonsum oder anderen Drogen, nach Medikamenteneinnahme, Schlafmangel oder ähnlichem auftreten.

Liegen bestimmte Auslöser oder Ursachen für einen Anfall zugrunde, bezeichnet man diesen als „Gelegenheitsanfall“.

Kommt es mehrfach im Leben zu Gelegenheitsanfällen, ist ein deutlich erhöhtes Risiko für weitere Anfälle festzustellen und je nach Ergebnis einer Hirnstrommessung und weiterer Zusatzdiagnostik die Entscheidung zu treffen, eine Therapie mit Medikamenten gegen Epilepsie (sogenannte Antikonvulsiva) zu beginnen.

Bei vielen Gehirnstörungen kann es zu einem epileptischen Anfall kommen. Diese können auch immer wieder neue Anfälle auslösen. Man spricht hier von einer symptomatischen Epilepsie. Beispiele hierfür sind:

  • Schlaganfall
  • Hirnhaut- oder Gehirnentzündung
  • Hirntumor
  • narbige Veränderungen nach einer Hirnverletzung
  • Missbildung/Fehlanlage des Gehirns bei der Geburtsentwicklung
  • Stoffwechselstörung

Von einer Epilepsie spricht man, wenn sich wiederholt unprovoziert epileptische Anfälle ereignen.

Epileptische Anfälle können völlig unterschiedlich ablaufen. Einige halten nur wenige Sekunden an und bleiben oft unbemerkt. Hierfür zeigt sich ein leichtes einseitiges "Muskelzucken", eine Missempfindung oder eine Konzentrationsstörung. Andere dauern wenige Minuten an und zeigen einen Bewusstseinsverlust, zunächst ein extremes Anspannen der Muskulatur in Armen und Beinen, dann rhythmische Zuckungen von Armen und Beinen. Letzteres wird als großer Anfall, als Grand-mal-Anfall oder tonisch-klonischer Anfall bezeichnet.

Die Internationale Liga gegen Epilepsie (ILAE) teilt grob die unterschiedlichen Formen von Anfällen und Epilepsien ein:

  • Fokale Anfälle: Sie werden von einer Funktionsstörung an einer bestimmten Region des Gehirns ausgelöst und äußern sich klinisch zum Beispiel durch unwillkürliche Zuckungen an einem Arm bei erhaltenem Bewusstsein. Der Patient verspürt häufig ein Vorgefühl (Aura) vor dem Anfall.
  • Fokale Anfälle mit Übergang in generalisiere Anfälle (früher sekundär generalisierte Anfälle): Sie treten zunächst wie fokale Anfälle auf, breiten sich aber im Verlauf auf das komplette Gehirn aus, so dass ein Bewusstseinsverlust eintritt.
  • Generalisierte Anfälle: Sie zeigen keinen bestimmten Ursprung und betreffen vom ersten Moment das gesamte Gehirn. Hier kommt es zu einer Bewusstseinsstörung ohne Vorgefühl.
Diagnostik

Bei einem Erstereignis ist es sehr wichtig, so viele Informationen wie möglich zusammentragen. Die Beschreibung eines Anfallsereignisses lässt bereits Rückschlüsse auf die erkrankte Region des Gehirns zu (Semiologie). Der Ablauf eines Anfalles kann beschrieben werden als Anfallsphase (iktale Phase), unmittelbar folgende Phase (postiktale Phase) und die Zwischenanfallsphase (interiktale Phase).

Meist kann der Patient Auslöser, eine Vorahnung oder ein Vorgefühl, was man als Aura bezeichnet, beschreiben. Als Aura können beispielsweise eine Sehstörung, eine Missempfindung aus der Magengegend, Geruchs- oder Geschmacksstörungen, emotionale Erregungszustände (Angst- oder Glücksgefühl) oder ein Déjà vu Erlebnis wahrgenommen werden.

Verliert er bei einem Anfall das Bewusstsein, ist eine Fremdbeobachtung des weiteren Geschehens sehr hilfreich. Oft hilft heutzutage auch eine Handy-Videoaufnahme, das Ereignis einzuordnen und einen epileptischen Anfall von anderen Arten der plötzlichen Bewusstlosigkeit abgrenzen zu können.

Zusatzdiagnostik

Basisuntersuchungen wie eine Blut- und auch eine Nervenwasseranalyse sind hilfreich. Es gilt Ursachen auszuschließen, die einen Anfall provozieren können.

Mit einer Bildgebung (Computertomographie, Magnetresonanztomographie) können dem Anfall zu Grunde liegenden Ursachen wie beispielsweise ein Schlaganfall, eine Hirnentzündung  oder eine  Gewebsnarbe erkannt werden.

Unter einer Elektroencephalographie (EEG) versteht man landläufig eine Hirnstrommessung, die Veränderungen in der Funktion der Hirnrinde aufdecken kann.

Therapie

Medikamente gegen Epilepsie (Antikonvulsiva) werden spätesten dann von Ihrem Arzt verordnet, wenn mindestens zwei Anfälle unprovoziert auftreten. In Einzelfällen muss bereits nach dem ersten Anfall eine medikamentöse Behandlung vorgenommen werden. Eine regelmäßige Betreuung durch einen Neurologen, manchmal auch lebenslang, ist für einen guten Behandlungserfolg erforderlich. Ebenso wichtig ist das Führen eines sogenannten Anfallskalenders durch den Patienten. Hierdurch können Auslöser für Anfälle ausgemacht, deren Gefahren erkannt und die Häufigkeit ihres Auftretens besser abgeschätzt werden.

Die Medikamenteneinstellung kann durch ein einzelnes Präparat oder durch Kombinationen erfolgen. Ist durch die medikamentöse Therapie keine ausreichende Anfallskontrolle zu erreichen, so kann auch eine epilepsiechirurgischer Eingriff oder ein elektrisches Stimulationsverfahren (Vagusstimulator) zur Anfallsfreiheit oder Anfallsreduktion führen.

Komplikationen

Die Mehrzahl der epileptischen Anfälle hält wenige Sekunden bis ein oder zwei Minuten an und klingt folgenlos ab. Bei Bewusstseinsverlust kann es jedoch durch einen Sturz oder heftige Entäußerungen zu Verletzungen kommen. Manche Muskelanspannungen können so heftig sein, dass es zu Knochenbrüchen kommt. Bei einem bewusstlosen Patienten im Anfall sollte nicht versucht werden Gegenstände in den Mundraum einzubringen. Ein Freihalten der Atemwege ist wichtig. Gegenstände jedoch können zu Zahnverletzungen und Verschlucken oder gar Ersticken an Material führen.

Gefahrenstellen müssen mit jedem Patienten individuell durchgegangen werden. Beispielsweise an der Arbeitsstelle (Arbeiten in großer Höhe, zum Beispiel auf einem Gerüst, mit spitzen Gegenständen oder zum Beispiel Kreissägen oder Hantieren mit Gefahrenstoffen).

Status epilepticus

Selten sind Anfälle von längerer Dauer und verlaufen nicht selbstlimitierend. Dieser Zustand kann lebensgefährlich sein und wird Status epilepticus genannt. Das Gehirn kann bei längerer Dauer eines Anfalles Schaden nehmen. Die Situation muss so schnell wie möglich mit Medikamenten durchbrochen werden. Sollte sich ein Anfallsereignis auf der Straße oder zu Hause über einen längeren Zeitraum ereignen, muss dringend der Notarzt verständigt werden.

Die Erstdiagnose nach einem epileptischen Anfall bei bislang gesunden Menschen, noch mehr aber die häufig schwierige medikamentöse Behandlung langjähriger Epilepsieerkrankungen erfordert spezielle Erfahrung mit dem differenzierten Einsatz der zur Verfügung stehenden Diagnostik- und Therapiemittel.

Mit unserer Schwerpunktsetzung im Bereich der Epileptologie können wir Ihnen die Möglichkeit der ambulanten und stationären Schwerpunktversorgung für Patienten mit schwer behandelbaren Epilepsien anbieten:

Epilepsie-Ambulanz:

Die Ambulanz dient als Anlaufstelle zur Therapieoptimierung und Erörterung therapeutischer Maßnahmen bei Epilepsien, die medikamentös bisher nicht befriedigend behandelt werden konnten. Außerdem erfolgt die ambulante Beratung sozialer Fragen rund um das Thema Epilepsie (z.B. Arbeit, Führerschein, Sport, Schwerbehinderung). Gemeinsam mit dem Sozialdienst der Klinik werden zweimal pro Jahr im Rahmen des MOSES-Schulungsprogramms Epilepsie-Patientenschulungen organisiert mit dem Ziel, Betroffene und Angehörige umfassend über medizinische und psychosoziale Fragen rund um die Krankheit Epilepsie zu informieren.

Stationärer Bereich:

Der stationäre Bereich für Epilepsiepatienten ist mit 3 Video-Langzeit-EEG-Monitoring-Betten sowie einem Video-Überwachungsbett ausgestattet. Diese Methode dient dazu, Patienten mit Anfällen rund um die Uhr sowohl mittels Videokamera als auch mittels synchroner Registrierung der Hirnstrom-Aktivität (EEG) zu überwachen. Dadurch können Aussagen zur Anfallsart, Anfallsfrequenz und Intensität getroffen werden.

Ebenso dient das Video-Langzeit-EEG-Monitoring dazu, epileptische Anfälle von nichtepileptischen Anfällen (Kreislaufregulationsstörungen, Schlafstörungen, psychogenen Anfällen) abzugrenzen. Ansprechpartner des Bereichs Epileptologie innerhalb der Klinik für Neurologie ist Oberarzt PD Dr. ChristianTilz.

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