Klinik für Neurochirurgie
Wirbelgleiten (Spondylolisthesis)
Wirbelgleiten bewirkt eine Instabilität der Wirbelsäule. Hintergrund für ein Verschieben der Wirbelkörper gegeneinander sind Verschleißerscheinungen, meist an der unteren Lendenwirbelsäule. Eine körperliche Überbeanspruchung löst diese oft aus. Es ist typischerweise der fünfte Lendenwirbelkörper betroffen und der darüber gelegene, sogenannte Gleitwirbel wandert nach vorne Richtung Bauchdecke.
Eine zu starke körperliche Belastung kann auf Dauer an den Wirbelkörpern zu Verschleiß und zu einer Abnutzung der kleinen Zwischenwirbelgelenke führen. Auch die Knochensubstanz kann sich verändern. Es gibt auch eine angeborene Form der Instabilität, die sogenannte Spondylolyse oder Spondylolisthesis vera. Hier hat sich der Wirbelbogen nicht vollständig geschlossen, so dass ein Abgleiten des Wirbels möglich ist. Bei weiterer Auslockerung verrutschen die Wirbelkörper gegeneinander. Die Wirbelsäule wird dann besonders bei Überstrecken des Oberkörpers (Hyperlordosierung) belastet. Solche Bewegungsabläufe finden sich im Leistungssport, beispielsweise in den Wurfdisziplinen der Leichtathletik. Von einer Spondylolisthese sind daher bereits Jugendliche betroffen.
Was kann Ursache für ein Wirbelgleiten sein?
Faktoren wie die Form der Wirbelkörper, die Beschaffenheit der Bandscheibe und die Stabilität der Bandstrukturen können ein Wirbelgleiten begünstigen. Besonders wenn die Rumpfmuskulatur nicht stark ausgeprägt ist, kann es zur Instabilität der Wirbelsäule kommen.
Neben sportlicher Überbeanspruchung gibt es andere Gründe für Wirbelgleiten. Angeborene Wirbelkörperfehlbildungen führen bereits früh zum Wirbelgleiten. Weitere Ursachen werden in höherem Alter erworben: schwere Verschleißerscheinungen an der Wirbelsäule, wie zum Beispiel der Bandscheibe. Seltener liegt der Erkrankung eine Entzündung, eine Verletzung oder eine Tumorerkrankung zu Grunde.
Wie macht sich ein Wirbelgleiten bemerkbar?
Die Veränderungen beginnen zunächst unbemerkt. Wirbelkörper können bereits um die Hälfte gegeneinander verschoben sein und Sie verspüren noch keine Beschwerden. Meist führen nur schwer zuordenbare Kreuzschmerzen Sie irgendwann zum Arzt.
Typische Symptome der Spondylolisthesis bilden sich sehr spät aus: Sie leiden unter belastungsabhängigen Rückenschmerzen, die in das komplette Bein ausstrahlen können. Sind die Wirbelkörper schwer gegeneinander verschoben, kann eine Nervenwurzel eingeengt werden und es treten neurologische Ausfälle auf: eine Gefühlsstörung, eine Lähmung oder ein Harn- und Stuhlverhalt.
Wie wird Wirbelgleiten festgestellt?
Ihre Krankengeschichte und Schilderung der Beschwerden geben bereits wichtige Hinweise. Das Ausmaß eines Wirbelgleitens lässt sich feststellen mit einem konventionellen Röntgen, vor allem in der Seitaufnahme. Wir führen Röntgenaufnahmen in maximaler Beugung und Streckung der Wirbelsäule sowie im Stand durch, um ein Gefühl für den dynamischen Prozess zu erhalten. Bei konservativer Therapie kontrollieren wir die Stellung der Wirbelkörper mit Röntgen im Verlauf. Eine Computertomographie hilft, die knöchernen Strukturen zu beurteilen. Liegen Nervenschäden vor, kann eine Kernspintomographie notwendig werden.
Wie sieht die Therapie aus?
Besonders bei Jugendlichen und im Anfangsstadium ist noch eine konservative Therapie möglich. Hier steht die Physiotherapie im Vordergrund, damit die stabilisierenden Muskelgruppen der Wirbelsäule gestärkt werden. Körperlich Belastungen, die ein Wirbelgleiten fördern, sollten pausiert werden. Physikalische Maßnahmen und Massagen können den Heilungsprozess unterstützen. In selteneren Fällen ist ein Korsett für die Stabilisierung sinnvoll. Der Nachteil hierbei ist, dass bei anliegendem Korsett die Rumpfmuskulatur auch immobilisiert und dadurch weniger trainiert und geschwächt wird. Schmerzen lindern wir mit anti-entzündlichen Schmerzmitteln.
Wann wird es Zeit für eine Operation?
Hilft die konservative Therapie nicht, halten Schmerzen an, ist der Prozess schon sehr weit und im kurzen Verlauf fortgeschritten oder bestehen Lähmungen sowie ein Stuhl- und Harnverhalt ist eine Operation angezeigt:
Die Therapie der überbeweglichen Wirbelkörper besteht dann in einer sogenannten Stabilisierungsoperation. Wir verankern hierbei über einen Hautschnitt am Rücken ein Schrauben-Stab-System unter Röntgenkontrolle im Knochen und verbinden so die benachbarten Wirbel fest miteinander. In den Zwischenwirbelraum bringen wir meist Platzhalter (Cages) ein, die ein Zusammenwachsen der Wirbelkörper fördern und die Höhe des Bandscheibenfaches erhalten.
In bestimmten Fällen ist eine Operation von vorne über einen Bauch- oder Flankenschnitt sinnvoll. Um die Nervenstrukturen besser darzustellen und diese zu schonen, führen wir diese Operation unter einem Operationsmikroskop durch.
Nach der Operation beträgt der Krankenhausaufenthalt für die Nachsorge 6-8 Tage. Wir empfehlen nach der Operation eine körperliche Schonung für 6-8 Wochen.