Klinik für Neurologie

Hirnhautentzündung

Akute bakterielle Meningitis

Fallbeispiel: die 46jährige Cornelia T. hat über Nacht ungewohnt heftige Kopfschmerzen mit Fieber von 39°C bekommen. Dann hat sie eine schwere Übelkeit verspürt, die bereits zu zweimaligem Erbrechen geführt hat. Sie klagt zudem über das Gefühl eines extrem steifen Nackens. Sie vertrage helles Licht nicht und bei Eintreffen in der Notaufnahme wird die Patientin zunehmend schläfrig. Sie reagiert nur noch apathisch auf einfache Aufforderungen.

Die Ursachen einer Hirnhautentzündung (Meningitis) sind mannigfaltig. Viren sind weit häufiger Grund einer Hirnhautentzündung als Bakterien. Ein häufiger Durchfallerreger, die Enteroviren, sind die häufigste virale Ursache einer akuten Meningitis. Eine akute bakterielle Meningitis ist ein medizinischer Notfall. Neben der Abklärung der Infektursache müssen auch neurologische, immunologische und bösartige Erkrankungen bedacht werden.

Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO 2000) gibt es im Jahr circa 1,2 Millionen Erkrankungen einer akuten bakteriellen Meningitis. Circa 10 Prozent der Verläufe enden tödlich. In Deutschland erkranken im Schnitt 0,8 von 100.000 Menschen an einer der häufigsten Formen der Meningokokkenmeningitis. Eine Erkrankung oder ein Versterben an einer Meningokokkenmeningitis ist in Deutschland meldepflichtig.

Erreger

Streptococcus pneumoniae ist der häufigste Erreger der bakteriellen Meningitis in Europa. Neben den Haufenbakterien (Pneumokokken und Meningokokken) sind beim Erwachsenen Listerien, Staphlykokken, Enterobakterien, Pseudomonas und Haemophilis influenzae die wichtigsten Erreger. Neugeborene sind insbesonders durch b-Streptokokken gefährdet. Außer einer Abwehrschwäche ist auf andere Infektionsherde d.h. deren Beschwerden an Lunge, Herz oder Haut zu achten.

Ursachen

  • Als Komplikation einer Entzündung im benachbarten Gewebe („Durchwanderungsmeningitis“) zum Beispiel bei Ohr-, Stirn- oder Nasennebenhöhlenentzündung, einem Hirnabszess
  • Durch eine Streuung der Bakterien über das Blut (hämatogen) zum Beispiel bei Meningokokken oder als Streuung von einem andere Infektionsherd (Lungenentzündung, Herzklappenentzündung)
  • Nach einer Operation (am Kopf)
  • Selten nach ärztlichem Eingriff zum Beispiel Injektionen entlang der Wirbelsäule

Beschwerden

Eine Hirnhautentzündung ist durch drei Kernbeschwerden gekennzeichnet (Trias):

  • hohes Fieber
  • Nackensteifigkeit (Meningismus)
  • Kopfschmerzen

Weitere können hinzutreten: Übelkeit, Erbrechen, Lichtscheu, Verwirrtheit, Bewusstseinsstörung, epileptische Anfälle (in 15-30 Prozent der Fälle). Die Beschwerden treten akut innerhalb weniger Stunden bis weniger Tage auf.

Bei Erkrankung an Meningokokken ist in 75 Prozent der  Fälle ein Exanthem am Körperstamm, den Beinen, den Schleimhäuten oder an der Bindehaut der Augen zu beobachten. In 10 Prozent der Meningokokkeninfektionen kommt es zu einem sehr rasanten Verlauf mit inneren Blutungen (Waterhouse-Friderichsen-Syndrom), was zu einem Schock mit Multiorganversagen führen kann. In 10 Prozent der Fälle einer eitrigen Meningitis entsteht eine Hirnentzündung (Zerebritis) mit entsprechenden Ausfällen wie beispielsweise Lähmungen, Gesichtsfeldeinschränkung oder Sprachstörung.

Diagnostik

Bei der Abklärung muss rasch gehandelt werden. Im Blut lassen sich regelhaft deutlich erhöhte Entzündungszeichen nachweisen (Anstieg von C-reaktivem Protein und Leukozyten). Bei Verdacht auf infektiöse Meningitis werden Blutkulturen abgenommen (in 60-70 Prozent fallen diese positiv für Bakterien aus) und Nervenwasser (Liquor) für die Erregerdiagnostik gewonnen. Im Nervenwasser findet sich eine typische Konstellation für eine bakterielle Entzündung: sehr viele Entzündungszellen (vornehmlich Granulozyten über 1000 Zellen/µl), ein deutlich erhöhter Eiweißgehalt (>120mg/dl) und Laktatgehalt (>4,5mmol/µl) sowie ein deutlich abgesenkter Zuckerspiegel (<5mg/dl). Mikroskopisch können durch eine Gramfärbung einer Liquorprobe Bakterien direkt nachgewiesen werden. Zudem stehen Antigennachweismethoden gegen die Bakterien zur Verfügung. Meningokokken können auch in vorliegenden Hautveränderungen mikroskopisch nachgewiesen werden.

Behandlung

Die notfallmäßige Gabe einer Kombination von Antibiotika ist entscheidend. Bei der Auswahl der Antibiotika ist es wichtig Substanzen zu wählen, die die sogenannte Blut-Hirn-Schranke überwinden können, d.h. in den Nervenwasserraum eindringen, den Erreger erreichen und abtöten. Vor der Ära der Antibiotika lag die Sterblichkeit bei Befall von Pneumokokken bei 100 Prozent. Hochdosiert wird bei bestimmten Formen der Hirnhautentzündung notfallmäßig über die Vene Kortison gegeben. Bei Patienten mit Pneumokokkenmeningitis konnte dadurch die Sterblichkeit von 34 auf 14 Prozent und verbleibende neurologische Behinderungen von 52 auf 14 Prozent gesenkt werden. Ist die Infektquelle bekannt, ist es wichtig diesen Herd chirurgisch zu sanieren. Weiter stehen Medikamente für die symptomatische Therapie zur Verfügung. Es erfolgt eine engmaschige Überwachung, in der Regel auf der Intensivstation, um weitere Komplikationen erkennen und behandeln zu können.

Impfungen

Durch die Impfung gegen Haemophilus influenzae ist es bei Kindern in den letzten Jahren zu deutlich weniger Hirnhautentzündungen durch diesen Erreger gekommen. Weitere Impfungen gegen Pneumokokken und bestimmte Meningokokken stehen zur Verfügung.

Prophylaxe von Kontaktpersonen

Das Erkrankungsrisiko von engen Kontaktpersonen bei Infektion mit Haemophilus influenzae oder  Meningokokken ist um 200 bis 1000fach erhöht. Daher ist dringend die Einnahme von Antibiotika als Chemoprophylaxe angeraten. Ideal ist eine Einnahme innerhalb der ersten 24 Stunden. Die Chemoprophylaxe ist aber bis zu 10 Tagen nach Kontakt mit dem Patienten sinnvoll.

Kontaktpersonen sind:

  • Haushaltsmitglieder
  • Personen, die mit Patientensekret in Kontakt waren (zum Beispiel enge Freunde, Banknachbar, medizinisches Personal)
  • Kinder mit Kontakt in Einrichtungen zum Beispiel Kindergarten
  • Personen in Gemeinschaftseinrichtungen zum Beispiel Schule
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