Klinik für Neurologie

Evozierte Potentiale (EPs)

Sinnesreize bewirken in den sensorischen Arealen der Großhirnrinde elektrische Potentialänderungen. Diese durch unterschiedliche Sinnesreize im entsprechenden Hirnareal hervorgerufenen (evozierten) Potentiale können durch eine vereinfachte Elektroencephalographie (Hirnstromableitung) erfasst werden. Mit der Aufzeichnung der evozierten Potentiale kann die Leitfähigkeit und Funktionsfähigkeit von Nervenbahnen geprüft werden. Diese können bei einer Nervenerkrankung entweder in ihrem Ausschlag vermindert oder in ihrem zeitlichen Auftreten deutlich verzögert sein.

Vor der Einführung der bildgebenden Verfahren (Computertomographie, Kernspintomographie) stellten die evozierten Potentiale neben der klinischen Untersuchung die einzige Möglichkeit zur Lokalisation einer Hirn- oder Nervenschädigung dar.

Was ist technisch zu beachten?

Die evozierten Potentiale sind mit der üblichen Elektroencephalographie-Technik jedoch nur mit sehr viel kleineren Ausschlägen (Amplituden) als der spontan ablaufenden Grundaktivität des Gehirns zu erfassen. Daher sind mehrere Messdurchläufe notwendig, um diese hervorgerufene Aktivität von der Grundaktivität abgrenzen zu können. Bei einem durch Lichtblitze ausgelösten Potential (VEP) können hierfür 50 Reize genügen, bei Messung der frühen akustischen Hirnstammpotentiale (FAEP) muss etwa 1000 bis 2000 Mal gereizt werden.

Bei den gewonnenen Hirnstromkurven wird die Form der Welle, deren Höhe (Amplitude) und die Laufzeit (Latenz) beurteilt.

Evozierte Potentiale der unterschiedlichen Sinnesreize

Visuell evozierte Potentiale (VEP) helfen die Funktion der Sehbahn zu beurteilen

Es werden Ihnen Elektroden wie bei der Elektroencephalographie am Kopf montiert. Diese sind am Hinterhaupt über der Sehrinde des Gehirns angebracht. Der Patient muss nun in einem definierten Abstand in sitzender Position einen Computerbildschirm mit einem Schachbrettmuster fixieren. Das Schachbrettmuster ändert in einer vorgegebenen Frequenz sein Muster von schwarz auf weiß. Hierdurch wird ein Reiz für die Sehbahn ausgelöst, dessen Hauptkomponente nach circa 100ms den markanten Kurvenausschlag (P100) in der Aufzeichnung hervorruft. Die Technik kommt bei Sehnervenerkrankungen zum Beispiel im Rahmen der Multiplen Sklerose zur Anwendung.

Früh akustisch evozierte Potentiale (FAEP) helfen die Funktion der Hörbahn zu beurteilen

Der Patient bekommt einen Kopfhörer aufgesetzt, über den abwechselnd die rechte und die linke Hörbahn mit einem Ton stimuliert wird. Auch bei dieser Technik wird die an der Großhirnrinde entstehende elektrische Aktivität mit platzierten Elektroden an der Kopfhaut abgegriffen.

Die Technik kommt beispielsweise bei der Diagnostik von Akustikusneurinomen oder von Kleinhirnwinkelbrückentumoren zum Einsatz. Sie wird auch zur Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls verwandt.

Somatosensibel evozierte Potentiale (SSEP) helfen die Funktion der sensiblen Leitungsbahnen zu beurteilen

Hier werden Gefühlstörungen an verschiedenen Körperarealen untersucht. Über bestimmten  oberflächlichen Nervenabschnitten wird an Händen oder Füssen ein Reizimpuls gesetzt, der über bestimmte Bahnen im Rückenmark zum Gehirn wietergeleitet wird. Die Ableitung der hervorgerufenen Aktivität findet wieder über befestigte Elektroden am Kopf über den entsprechenden Arealen der Hirnrinde statt, die für die Gefühlswahrnehmung zuständig sind.

Mit dieser Technik kann versucht werden, alle möglichen subjektiv empfundenen Gefühlstörungen zu objektivieren. Oft wird die Ableitung bei der Multiplen Sklerose aber auch bei der Feststellung des irreversiblen Hirnfunktionsausfalls genutzt.

Motorisch evozierte Potentiale (MEP)

Bei den MEP verläuft der Untersuchungsweg umgekehrt wie bei den übrigen evozierten Potentialen. Mit Hilfe einer Magnetspule wird eine elektrische Spannung an der Großhirnrinde erzeugt. Die Magnetspule wird so auf den Kopf aufgesetzt, dass die großen motorischen Nerven (Betz`sche Riesenzellen) erregt werden und ein elektrischer Impuls über das Rückenmark und den motorischen Nerven an den Zielmuskel gelangt. Dieser reagiert mit der entsprechenden Muskelbewegung. Befestigt man Elektroden über diesem Muskel, kann diese Muskelantwort aufgezeichnet und bei bekannter Körpergröße und gemessener Zeit, die Geschwindigkeit der Ausbreitung festgestellt werden. Vor allem im Seitenvergleich lassen sich wichtige Informationen über die Funktion des motorischen Systems gewinnen und zentrale wie periphere Nervenschäden objektivieren.

Die Technik kommt bei unterschiedlichen Krankheitsbildern zum Einsatz. Beispielsweise ist sie sehr hilfreich bei der Multiplen Sklerose oder der Amyotrophen Lateralsklerose.

Zu rehabilitativen Zwecken wird die Technik mit einem etwas komplizierteren Stimulationsverfahren auch zur Anregung der motorischen Bahnen und damit therapeutisch genutzt.

Ein Job mit Herz – Ihre Karriere bei den BarmHERZigen Brüdern
Ein Job mit Herz – Ihre Karriere in der Neurologie

Jetzt bewerben!