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Lauterbach scheitert an seinen selbstgesteckten Zielen

(07.03.2024)

Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg nimmt zur aktuellen Situation im Gesundheitswesen und zur Gesundheitsreform Stellung.

„Wir verfolgen drei Ziele: bessere Qualität, Entökonomisierung und Entbürokratisierung“. Dieser Satz ist von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach im Zuge der Krankenhausreform regelmäßig zu hören. Die Leitung des Krankenhauses Barmherzige Brüder Regensburg – dem größten Krankenhaus Ostbayerns – verdeutlichte im Rahmen einer Pressekonferenz, warum Lauterbach mit hoher Wahrscheinlichkeit jedes dieser Ziele verfehlen wird. Und: Warum die Patienten sowie die Krankenhäuser, die nicht durch kommunale Träger mit Millionen an Steuergeldern unterstützt werden, die Leidtragenden sind.


Beste Qualität vor Ort und staatliche Misstrauensbürokratie

Die „Barmherzigen“ in Regensburg wurden vor zweieinhalb Jahren zum zweiten Maximalversorger Ostbayerns ernannt, der höchsten erreichbaren Stufe im Bayerischen Krankenhausplan. Ein Grund dafür waren knapp 40 Qualitätszertifikate, für die sich das Krankenhaus freiwillig seit zwei Jahrzehnten immer wieder durch externe Fachleute überprüfen lässt. So werden beispielsweise die onkologischen Zentren, das Gefäßzentrum, die orthopädische Versorgung, das Schwerverletztenmanagement oder die Krankenhaushygiene regelmäßig zertifiziert. „Bei aller Bescheidenheit – das kann man nicht viel besser machen“, so Professor Dr. Michael Pfeifer, Ärztlicher Direktor am Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg. „Das zeigen die Patienten, die aus ganz Ostbayern zu uns kommen.“ Die hohe Qualität ist heute schon sehr transparent im Internet sichtbar, wie in der „Weißen Liste“ der Bertelsmann Stiftung, dem AOK-Gesundheitsnavigator oder im knapp 1.500 Seiten langen Qualitätsbericht des Krankenhauses.

Dass die Bundespolitik großes Misstrauen gegenüber dem Gesundheitswesen hegt, zeigt die schon lange überbordende Qualitätsbürokratie. Pfeifer erläutert: „Der gemeinsame Bundesausschuss hat 122 Richtlinien erlassen, von denen die meisten von Krankenhäusern zu beachten sind. Nur diejenige zur einrichtungsübergreifenden Qualitätssicherung hat 565 Seiten, eine Untergruppe zu den planungsrelevanten Indikatoren 139 Seiten. 54 Leistungen müssen über Strukturprüfungen vom Medizinischen Dienst kontrolliert werden, der dafür eine 495-seitige Richtlinie und einen 95-seitigen Begutachtungsleitfaden hat. Das grenzt bereits heute an Wahnsinn, der uns alle belastet und das wird mit der Gesundheitsreform noch deutlich schlimmer werden.“


Ökonomisierung statt Patientenwohl

„Bis einschließlich 2022 konnten wir uns auf das Wohl unserer Patienten fokussieren, was einschließlich der Corona-Jahre gut gelungen ist. Jetzt aber lässt uns die Politik komplett hängen und wir müssen darum kämpfen, wichtige Leistungen nicht aus wirtschaftlichen Gründen einzustellen“, so Dr. Andreas Kestler, der 18 Jahre als Geschäftsführer des Krankenhauses Barmherzige Brüder Regensburg überblickt. „Mit unserem Krankenhausverbund, vernünftigen Strukturen und der Qualitätsorientierung konnten wir auch in dem nun so viel gescholtenen Fallpauschalensystem gut existieren und für die Bevölkerung investieren. Das steht jetzt in Frage.“ So hätte das Krankenhaus Barmherzige Brüder beispielsweise über Jahre eindeutig defizitäre Bereiche wie die Klinik für Geriatrische Rehabilitation mitgetragen und intern quersubventioniert. Der Geschäftsführer beklagt insbesondere, dass kommunale Träger mit Millionenbeträgen die inflations- und tarifbedingten Defizite ihrer Krankenhäuser ausgleichen, konfessionellen Trägern der Griff in die Steuerkasse aber nicht möglich sei.

„Dabei wäre alles ganz einfach, wenn sich Lauterbach nur an Recht und Gesetz halten würde“, betont Kestler sehr emotional. Viele Krankenhäuser, auch in Bayern, wollen nun die Bundesrepublik auf Schadensersatz verklagen. Ein sich lange hinziehender Rechtsstreit, der in der aktuell sehr schwierigen Situation aber nicht weiterhilft.


Wenn „Entbürokratisierung“ für noch mehr Bürokratie sorgt

Die Ärztin Dr. Antje Schoppa, Leiterin der Abteilung Organisationsentwicklung und Patientensicherheit am Krankenhaus Barmherzige Brüder Regensburg, zeigt anhand eines Beispiels auf, wie Politik schon jetzt für noch mehr Bürokratie statt „Entbürokratisierung“ sorgt. So kämpft die ganze Organisation aktuell unter anderem mit einer eigentlich simplen Sache: der Krankschreibung.  Schoppa erklärt: „Es gibt keine einheitliche Regel, wie eine Krankschreibung zu erfolgen hat. Je nachdem, ob sich ein Patient in ambulanter, stationärer, ambulanter spezialfachärztlicher, in berufsgenossenschaftlicher Behandlung, in einer Hochschulambulanz befindet oder ambulant operiert wurde: Es gelten jeweils unterschiedliche regulatorische Vorgaben. Die technische Umsetzung ist durch die veraltete Telematik-Technik, die uns aufgezwungen wird, zudem alles andere als trivial.“ Dementsprechend groß ist ihre Sorge vor den kommenden bürokratischen Anforderungen der Krankenhausreform.

Ein weiteres von mannigfaltigen Beispielen: Lauterbach hat keine Kamera und kein Mikrofon gescheut, im Oktober 2022 mit der „größten Gesundheitsreform der vergangenen 20 Jahre“ eine Entlastung vor allem von Pflegekräften herbeizureden. „In sein Krankenhauspflegeentlastungsgesetz hat er dann so viele Regelungen, Aufklärungs- und Dokumentationspflichten und damit immensen Schulungsbedarf hineingepackt, dass das für ein Krankenhaus einfach nicht umsetzbar und als Entlastungsmaßnahme für die Pflege völlig ins Leere gelaufen ist“, so Dr. Antje Schoppa.

 

Geschäftsführer Dr. Andreas Kestler – selbst gelernter Chirurg – fasst zusammen: „Alle sehen die Notwendigkeit einer Reform des Gesundheitswesens. Von der Führungsebene unseres Krankenhauses bis hin zu Deutschen Krankenhausgesellschaft. Es macht aber keinen Sinn, erst einmal sehr viel Porzellan zu zerschlagen und dann das, was übrigbleibt, irgendwann irgendwie zusammenzukitten“.